Jacobine Schneider (Da VII 3)

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Jacobine Louise Caroline Wilhelmine Antoinette Schneider geb. Eckart, (Da VII 3), (* 01.01.1829 in Emskirchen, † 11.01.1900 in München), Hausmutter; oo Johann Georg Schneider 29.05.1859 in Castell

Quellentext zu Jacobine Schneider

Kurzbiographie über Jacobine aufgeschrieben von ihrer Tochter Babette Schneider, aus der Chronik der Familie Eckart (F-S346), 1927 zusammengestellt von Otto Eckart, teils handschriftlich, teils maschinengeschrieben:

Die junge Jacobine Schneider.

Meine liebe Mutter, Jakobine Schneider, geb. Eckart, wurde am 1. Jan 1829 als drittes Kind von David Eckart u. seiner Frau Jeanette in Emskirchen geboren.

Ihre Kindheit u Schulzeit verbrachte sie im Elternhause im Kreise der zahlreichen Geschwister, die sie mit ihrer älteren Schwester Jette betreute u. der vielbeschäftigten Mutter dadurch eine Stütze wurde. Viele schöne Stunden verlebte sie auch im Haus der Mündel ihres Vaters, der taubstummen Pfarrwaisen Oertel, von denen besonders Hanne sie ins Herz geschlossen hatte. Nach Entlassung aus der Sonntagsschule lernte sie in Nürnberg das Kochen u. half dann wieder der Mutter im Hauswesen.

Im Jahre 1850 kam die 21jährige als Hausmutter an das Waisenhaus Karolinenfeld bei Greiz im ehemaligen Fürstentum Reuß, in welcher Stellung sie zur vollsten Zufriedenheit der Fürstin Karoline, der Gründerin der Anstalt 10 Jahre waltete. Dort lernte sie auch ihren späteren Gatten, Johann Georg Schneider, kennen, der einige Jahre als Hausvater von der gleichen Anstalt die Knabenabteilung leitete. [hier fehlt eine Seite im PDF oder im Dokument]

uns gewohnt, in den Steigerwald zu Bekannten zu bringen: Man hörte Tag und Nacht das Dröhnen der Kanonen und fürchtete stündlich, die verabscheuten Preußen erscheinen zu sehen. Endlich kam bayerische Einquartierung, unter deren Schutz wir uns sicher fühlten.
Nach der Taufe der kleinen Susanne siedelte Großmutter mit Tante Tina und Enkelkindern über, wo Tante bis zu ihrer Verheiratung, Großmutter bis zu ihrem Tode verblieb. Den Sommer über verlebte sie stets bei einem ihrer Kinder. Ich durfte der Schule wegen mit nach Emskirchen und verlebte dort zwei glückliche Jahre.

Meine Eltern übernahmen noch im Jahre 66 eine Pachtung in Berchtshofen bei Windsheim, da Onkel Blaufuß die Anstalt in Mutschenhof selbst übernehmen wollte. Im Frühjahr 68 zogen die Eltern auf Anraten von Onkel Johannes nach München, das damals als Typhusherd berüchtigt und gefürchtet war. Aus diesem Grunde weigerte sich Mutter entschieden, in die Stadt zu ziehen. So besorgte dann Onkel Johannes eine geräumige Wohnung mit hellen, hohen Zimmern und großem Garten in Bogenhausen an der damaligen Sternwartstraße. Heute steht Villa Ludovici an der Stelle des Hauses, das noch 1901 existierte. Dort gewöhnte sich Mutter rasch ein, konnte sie doch den Garten bestellen und Hühner halten wie vordem. Vater aber trat als Aufseher in die Mineralwasserfabrik von Friedrich Seyboth, dem späteren Kommerzienrat u langjährigen Freund von Onkel Fritz.
Auch ich kam nun im Herbst 68 nach München und besuchte die damalig einzige protest. Schule am Glockenbach (jetzt Georg Wilhelmsstr.) die Woche über wohnte ich bei Onkel Johannes u Tante Susanne am Salvatorplatz, Samstag durfte ich mit Vater nachhause. In der Adventzeit kam ich krank nach Bogenhausen u in kurzer Zeit lagen wir 4 Kinder u Mutter am Typhus darnieder. Die an unserem Hause vorüberführende Straße Straße wurde wegen Typhusepidemie polizeilich gesperrt u der Fall kam als bes. aufsehenserregend in die Zeitungen: dank der guten Pflege, unserer gesunden Natur u der luftigen Wohnung erholten wir uns alle, nur war Mutters vorher blondes Haar nach der Genesung schwarz.

Im Herbst 69 siedelten meine Eltern nun in die Stadt über u wir wohnten erst Gärtnerplatz N 1, später Rumfordstraße 39. Die Cholera ging an uns vorüber, aber im jahre 72 wruden meine 3 Geschwister vom Scharlach erfaßt, deam auch das jüngste SChesterchen am 17. März erlag. Schwester Minette litt schwer unter den Folgekrankheiten (Wassersucht etc.) erholte sich aber trotzdem sie von den Ärzten aufgegeben war. Ob die Mittel der Doktorbäurin, zu der mein Vater zuletzt ging, geholfen haben? Wer kann es sagen?

Wir Kinder wurden mit Liebe, aber auch dem nötigen Ernst erzogen u mußten gute Schulen besuchen. Vater und Mutter versagten sich oft das Nötigste, um das Schulgeld aufzutreiben u die Bücher zu beschaffen. Ich besuchte nach der Volksschule die Töchterschule u dann die neugegründete Präparandinnenschule? u das Lehrerinnenseminar, meine Schwester erlernte in der Frauenarbeitsschule das Weißnähen, während mein Bruder nach Besuch der Bürgerschule bei seinem Paten Karl Wich in Nürnberg als Lehrling eintrat, um sich zum Goldarbeiter auszubilden.

Anfangs der achtziger Jahre fing Vater an zu kränkeln u erlag im Jahre 1885 am 9. Nov im 57. Lebensjahr der Schwindsucht, die er sich in seinem Berufe erworben. Meine gute Mutter, welche in der Pflege des geliebten Kranken Übermenschliches geleistet hatte neben dem Hauswesen, das sie allein besorgte, brach nach dem Tode ihres Gatten fast zusammen. Trotzdem litt sie nicht, daß meine Schwester zu ihrer Stütze zuhause blieb. Diese durfte einen ihr angebotene Stellung bei Familie Karl Hierneis nicht ausschlagen u verblieb dann auch bis zu ihrer letzten Erkrankung mit nachfolgendem Tode in dieser Familie (1894).

Jacobine Schneider mit etwa 60 Jahren.

Da mein Bruder noch beim Militär war, verblieb ich, damals Hilfslehrerin mit 65 M Monatsgehalt, Mutters einzige Stützte u trachtete mit all meinen Kräften, ihr den Lebensabend zu verschönern. Noch während der letzten Tage m. Vaters hatte ich das Anstellungsexamen bei der Regierung gemacht u hatte somit Aussicht, bald definitiv in München angestellt zu werden. Wohl kamen noch Zeiten, in denen ich, dank der schlechten Bezahlung der weibl. Lehrkräfte, nur mit Hilfe von Onkel Johannes oder Tante Susanne auskommen konnte (mein Gehalt reichte nie über die erste Monatswoche hinaus) üaber durch Privatstunden, Sonntagsschule, Korrekturen u Schreibereien etc. verdiente ich doch nach u nach so viel, daß ich die gemachten Schulen zurückzahlen u Mutter das Leben erleichtern konnte. Wir nahmen ein Dienstmädchen u Mutter konnte sich tagsüber auch manchmal ihr Hauptvergnügen gönnen, ein schönes Buch zu lesen. Regelmäßig am Sonntag gingen wir nach der Brudermühlstraße, um den Nachmittag und Abend bei Onkel Fritz zu verbringen. Dort saßen dann die Geschwister: Onkel Fritz, Tante Jette, meine Mutter u Onkel Johannes beisammen u sprachen von alten Zeiten.

Die schwere Pflege meiner Schwester, die während ihres 9 monatelangen Krankenlagers bei uns war, nahm Mutter recht mit u der Tod ihres Kindes war ein schwerer Schlag für sie, den sie aber still u gottergeben trug, wie Mutter überhaupt lauter Gefühlsäußerungen, sei es in Freud oder Leid, nicht fähig war. Um so tiefer u schwerer empfand sie alles. An ihren Kindern, wie an ihren Geschwistern hing sie mit zärtlicher Liebe. Als Onkel Johannes Krankheit anfing, bedenklich zu werden, sorgte sie sich Tag und Nacht um ihn u besuchte ihn so oft es ging, auch draußen in Pullach.

Mit den Jahren hatte sich bei Mutter Herzschwäche eingestellt, die im Herbst 99 einen hohen Grad erreichte, so daß die Leidende zeitweise bettlägrig war. Kaum außer Gefahr traf sie Onkels Tod am 26. Nov. mit doppelter Schwere. Trotz eigener Schwäche ließ sie sich nicht abhalten, bei der Einsegnung des geliebten Bruders zugegen zu sein. Es war ihr letzter Ausgang. Bald darauf legte sie sich, um nicht mehr zu genesesen. Am 11. Jan 1900, kurz nach ihrem 71. Geburstag schloß sie die Augen für immer.

Von Natur zierlich u in jüngeren Jahren mager mit schmalem Gesicht, das von dichten, anfangs blonden, später schwarzen Haaren umrahmt war, zeigte sie doch eine seltene Leistungsfähigkeit u Ausdauer. Ihre stille, schüchterne Natur machte wenig aus sich, ging nicht leicht aus sich heraus. Aber ihre Herzensgüte u ihre Liebe zu den Ihren zeigte sich bei jeder Gelegenheit. Stets war sie bereit, bei den Kindern von Onkel Johannes Nachwachen zu übernehmen u den nächsten Morgen wieder früh ihr Tagewerk beginnen musste. Wo sie helfen konnte, war ihr kein Opfer zu groß. Darum war sie auch überall beliebt u ihr Andenken lebt in meinem Herzen, wie bei allen die sie kannten, unverändert weiter.

Geschrieben zum Andenken an meine lieben Verstorbenen von Babette Schneider. 25.II.1923